Meditieren – mehr als auf dem Boden sitzen und Nichtstun?!?
Meditation, das ist doch nur was für Esos und Okös! Oder?
Meditation war noch vor 10 bis 15 Jahren vor allem etwas für Esoteriker, Yogis und Ökos (so die „herrschende Meinung“). Der normale Bürger wollte damit nichts zu tun haben, sie verbanden es oft mit der Bhagwan-Bewegung, den orange gekleideten und „Hare Krishna“ singenden Anhängern von Bhagwan. Das war nichts für den Otto Normalverbraucher, der sonntags zum Gottesdienst ging. Meditation, das ist doch nur was für Esos?
Viel hat sich seitdem verändert. Die fitmedi Akademie wurde unter anderen auch deshalb gegründet, weil es uns darum ging die Meditation von einem religiösen Hintergrund zu trennen und so die Kraft, die sie entwickeln kann, auch anderen Menschen näher zu bringen.
Westlich weltlich und in den Alltag integrierbar war unser Ansatz, der nicht weltfremd ist und auch keine To-Go Mentalität begründen sollte. Und ist es nicht besser, erst einmal dabei zu helfen in kleinen Dosen mit etwas zu beginnen, weil dann der Zugang einfacher ist? So zumindest habe ich es gesehen, als ich meine ersten Kurse in Meditation gegeben habe: „Meditation für Jedermann und -frau. Man muss nicht stundenlang im Schneidersitz verweilen, um zu meditieren. Es gibt viele Arten der Meditation.“ Und in etwa dieser Art, waren auch meine ersten Ausschreibungen formuliert.
An dem Gedanken, dass Meditation etwas ist, das jedem Menschen guttun kann, hat sich bis heute nichts geändert.
Chronischer Stress macht krank
Neben dem erhöhten Stresserleben und den damit verbundenen Burnouterkrankungen, die in den vergangenen 10 Jahren in den Vordergrund der Leistungsgesellschaft gerückt sind, traten gleichzeitig Werte oftmals in den Hintergrund. Der Verlust der eigenen Werte und des Sinns sind vor allem dafür verantwortlich, dass Menschen sich ausgelaugt fühlen, keine Energie und Kraft mehr haben, um den Alltag zu meistern.
„Das Höher-weiter-schneller“, mehr Geld, mehr Ruhm, mehr Schein als Sein. Dem Hinterherjagen von Illusionen, kann nur ein schlechtes Erwachen folgen. Dieses schnelle Leben, als wäre man auf der Jagd oder jemand würde uns jagen, kann auf Dauer nicht gesund sein, weder körperlich noch seelisch.
Wir sind, wie der Hamster im Hamsterrad. Er ist eingesperrt in einem Käfig, springt quasi freiwillig in ein Rad, das keinen Anfang und kein Ende hat und er rennt. Wieso rennt der Hamster überhaupt in diesem Rad? Hat sich das schon einmal jemand gefragt? Sie laufen, weil sie einen extremen Bewegungsdrang haben und diesem nicht nachgehen können, weil sie eingesperrt sind. Auch wir sind in einem Gefängnis eingesperrt, dessen wir uns noch nicht einmal bewusst sind. Während Hamster aufhören zu laufen und aus dem Rad steigen, wenn sie genug haben, finden wir Menschen oft nicht mehr heraus. Wir entwickeln eine Art Suchtverhalten und laufen und laufen, allerdings dann auch mehr, als uns guttut. Der Hamster ist nicht süchtig, das haben Studien bewiesen, sondern läuft um seinem natürlichen Bedürfnis nach Bewegung zu entsprechen, bis dieses gestillt ist. In einer Nacht können Hamster bis zu 30.000 Umdrehungen in der Nacht zurücklegen, das entspricht in etwa 20 bis 30 Kilometer.
Was tun, um aus dem Hamsterrad herauszusteigen? Zuerst einmal beginnt es damit, dass wir darüber Bewusstheit erlangen, dass wir uns in einem Rad befinden. Nur, wenn wir das wissen, können wir etwas dagegen tun.
Mit Meditation raus aus dem Hamsterrad
Hier kann uns unter anderem Meditation helfen. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass Personen, die sich in einem Zustand befinden, der durchaus schon mit krankhaften Stresssymptomen einhergeht, sich keine Zeit für Auszeiten nehmen wollen, bzw. es einfach nicht können. Ihr Innerstes ist sozusagen auf der „Flucht“ und sie denken, wenn sie erst einmal weit genug gerannt sind, dann können sie anhalten und mit Abstand zurückblicken. Sie können dann auf all das schauen, was sie geschaffen und erarbeitet haben.
Das Problem ist, sie kommen nicht vom Fleck. Sie rennen in einem Hamsterrad und schaffen es nicht mehr heraus – weil, sie gar nicht wissen, dass sie in einem Hamsterrad rennen.
Die Einsicht, das Erkennen dieser Tatsache ist der erste Schritt.
Der Mensch soll das intelligenteste Säugetier sein, da er einen präfrontalen Kortex besitzt , mit dem er komplexere Denkvorgänge als alle anderen, vollziehen kann. Manchmal erscheint es jedoch so, als würde er diesen nur selten bis gar nicht nutzen. Und in der Tat ist es so, dass bei chronischem Stress irgendwann auch keine höheren Denkleistungen mehr möglich sind. Der gesamte Organismus ist auf Überleben ausgerichtet, genau wie es die Natur für alle Lebewesen vorgesehen hat.
Nicht wahrhaben wollen
Es ist jedoch geradezu sinnlos jemandem, der sich in einem solchen Lebensmodus befindet zu sagen, er solle stehen bleiben. Der wohl offensichtlichste Beweis, dass der Zeitpunkt für eine Auszeit gekommen ist, ist immer dann, wenn man dafür keine Zeit findet. Nur wenige Menschen kommen zur Einsicht, ohne „Schmerz“, wenn sie erst einmal in diesem Tunnel sind. Sie sehen nichts links oder rechts von sich, sondern schauen nur nach vorne, in der Hoffnung das Ende des Tunnels zu erreichen oder wenigstens in Kürze das Licht erahnen zu können.
Gelebt wird jedoch nicht am Ende des Tunnels, auch nicht im Jahresurlaub oder, wenn wir in Rente gehen. Nein, wir leben jetzt und nur jetzt. Jeden Tag, wenn wir am Morgen erwachen, dann leben wir.
Stehen bleiben, wenn wir rennen möchten ist einfach, aber nicht leicht. Deshalb ist auch Meditation grundsätzlich einfach, aber eben nicht leicht. Sich hinzusetzen und sich selbst einmal wahrzunehmen, den eigenen Körper, die eigenen Gedanken, das Gewusel im Kopf – das fühlt sich beim ersten Mal nicht gut an. Und Meditation ist auch nicht stets ein Zustand der Glückseligkeit und Liebe, wie viele Menschen oft denken. Nein, wenn man erst einmal damit beginnt, sich selbst zu ergründen, dann startet die Innenschau. Und die ist eben nicht immer „Friede, Freude, Eierkuchen.“
Meditation für Bewusstheit und inneres Wachstum
„Meditation ist das Reinigen des Geistes und Herzens vom Egoismus; durch diese Reinigung entsteht das richtige Denken, das allein den Menschen vom Leid befreien kann.“ Jiddu Krishnamurti
Nun, dass das Abschied nehmen von Egoismus nicht einfach ist, kann man sich wohl denken. Beim Meditieren kann man die Erleuchtung und finden und alles was ihr im Wege steht, so oder so ähnlich, lautet die Aussage von Rüdiger Dahlke zur Meditation.
Und das können wir mehr als bestätigen. Kommt man zur Ruhe wird man mit sehr Vielem konfrontiert, was man bisher nicht sehen konnte. Sicherlich gibt es dabei Schönes zu entdecken, wie wenn man im Frühling langsam eine Landstraße entlangfährt und dabei sieht, wie alles zu neuem Leben erwacht. Die Wiese in einem schönen Grün leuchtet, die Blumen wachsen und auf den Bäumen Knospen sprießen. Aber wenn man genau hinsieht, entdeckt man auch viel Unschönes. Regionen, die abgeholzt werden, weil eine Schnellstraße dort entlangführen soll, Brücken und andere Ruinen, die wegen schlechter Planung nie zu Ende gebaut werden, verlassene Dörfer in denen Häuser einstürzen und verrotten.
Wenn wir nach Innen blicken, werden wir auch mit Gefühlen, Erinnerungen, Wünschen und Träumen, Traumata, Trauer und Leid in Berührung kommen. Manchmal bewusst von uns verdrängt, manchmal aber auch einfach vergessen. Ins Unbewusste abgetauchte Erlebnisse können nun wieder auftauchen, wollen angeschaut und verarbeitet werden. Nehmen wir uns Zeit dafür, gehen wir vielleicht durch ein Tal von Tränen, oder durchleben Zorn und Wut auf uns oder andere Menschen. Wir können uns und anderen verzeihen, uns frei machen von einer Vergangenheit, die uns fesselt und gefangen hält.
Gefangen durch selbsterlegte mentale Begrenzungen, und der Illusion wir könnten den ersten Preis bei der Hamsterrad-Olympiade erreichen. Wer sich bewusst Zeit nimmt, sich mit sich selbst zu beschäftigen, wird neue Möglichkeiten entdecken. Es braucht aber auch etwas Mut dafür, wenn man genauer hinschauen möchte.
Meditation ist gesund und gut zum „Herunterfahren“
Es ist jedoch auch schlicht möglich, die Meditation zu nutzen, um zu entspannen. Wieso auch nicht? Der US-amerikanische Kardiologe Dr. Herbert Benson hat herausgefunden, dass es bei der Meditation zur sogenannten Relaxion-Response kommt, also zur Entspannungsreaktion. Die „Benson-Meditation“ basiert auf einer einfachen Meditation mit einem Mantra. Laut Benson sei es egal welchen Begriff man als Mantra nutzt, ob ein selbst gewähltes Wort oder ein Mantra, aus heiligen Schriften. Dafür könnte dann auch Amen nutzen.
Dennoch stellte er bei manchen Menschen fest, dass bei ihnen ein selbst gewähltes Mantra (zu dem sie einen entsprechenden Bezug haben) bessere Auswirkungen auf die Tiefenentspannung hatte. Dies konnte er mit Hilfe messbarer Körperfunktionen wie Blutdruck und Puls bestätigen.
Es handelt sich bei der sogenannten Benson-Meditation, um eine einfache Atemübung, bei der man 10 bis 20 Minuten lang, sein Mantra beim Ausatmen wiederholt. Gedanken, die aufkommen soll man passiv ignorieren, ihnen einfach keine Beachtung schenken. Eine ruhige Umgebung und bequeme Körperhaltung wirken unterstützend. Sie können diese Meditation für sich einmal ausprobieren.
Meditationsanleitung
Wählen Sie einen ruhigen Ort aus, an dem Sie eine Weile ungestört sind. Nehmen Sie eine bequeme Haltung ein. Sitzend mit geradem Rücken auf einem Stuhl oder auf dem Boden, vielleicht auf einem Sitzkissen.
Nun schließen Sie die Augen. Nehmen Sie wahr, wie Sie da sitzen. Gehen Sie einmal durch Ihren Körper und stellen sich vor, dass sie alle Muskeln nacheinander lockern und entspannen. Spüren Sie auch im Gesicht, wie die Muskulatur sich löst und lockert.
Dann gehen Sie mit dem Fokus zu Ihrer Atmung. Atmen Sie durch die Nase und nehmen Sie den Atem bewusst wahr.
Beim Ausatmen sagen Sie zu sich selbst im Stillen, in Gedanken „eins“ (im englischen „one“)
Einatmen, ausatmen und „eins“ denken.
Oder Sie nutzen ein selbst gewähltes Mantra bzw. Wort. Hierfür soll sich am besten ein beruhigendes Wort eignen, das einen fließenden Klang hat und ohne Bedeutung ist, um keine Gedanken auszulösen, die zu einer Assoziationskette führen könnten.
Nehmen Sie sich zu Beginn der Meditationspraxis fünf Minuten (gerne auch länger) und steigern Sie diese Übung auf 10, 15, 20 Minuten. Sie können Ihre Augen zwischendurch öffnen, um auf die Uhr zu sehen. Aber verwenden Sie lieber keinen Wecker oder Timer. Wenn Sie „fertig“ sind, lassen Sie das Ganze noch etwas ausklingen, indem Sie einige Minuten sitzen bleiben, zunächst mit geschlossenen Augen, dann mit offenen.
Ob man nun einen tiefen Entspannungszustand erreicht hat oder nicht, sollte keine Rolle spielen. Denken Sie nicht weiter darüber nach, nehmen Sie eine passive Haltung ein und lassen Sie der Entspannung ihren Raum, um sich langsam zu entfalten. Kommen Gedanken auf, gehen Sie bestimmt, aber freundlich zu Ihrem Mantra zurück.
Das ist eine von vielen Meditationen, die Sie in Ihren Alltag integrieren können. Aber nicht alle auf einmal. Im Internet finden Sie zahlreiche andere Meditationen und wenn Sie selbst andere anleiten möchten, können Sie dies bei uns erlernen. Dazu schauen Sie gerne unter Meditation & Achtsamkeit.
Autorin: Nikolina Salvaggio